Systemischer Ansatz

Kernpunkte:

Das Individuum ist immer in ein größeres System, in eine Umwelt eingebunden. Wir können einen Menschen nur dann verstehen, wenn wir seine Einbindung in einen größeren Zusammenhang sehen und verstehen. Probleme sind immer auch Probleme in der Passung zwischen dem Individuum und der jeweiligen Umwelt.

Jeder Organismus funktioniert nach einer inneren Logik. Impulse von außen werden immer gemäß dieser inneren Logik aufgenommen und verarbeitet. Ein Hund reagiert auf ein Schwanzwedeln z.B. anders als eine Katze. Es gilt diese Autonomie und Eigenlogik zu respektieren.

Es gibt keine objektive Wahrnehmung. Jedes Wesen bildet eine Situation nach seiner inneren Logik ab, so wie jeder Maler eine Landschaft anders malt.

Wir können unsere Wahrnehmung und Interpretation einer Situation so verändern, dass neue Perspektiven und Handlungsspielräume sichtbar werden.

 

Eine umfassendere Beschreibung des Systemischen Ansatzes finden Sie, wenn Sie...

Ein wesentlicher Grundpfeiler der systemischen Therapie sind die Systemtheorien, die aus verschiedenen Wissenschaften stammen (Thermodynamik; Homöostase-Theorie; Chaostheorie; Synergetik, etc.). Die moderne Systemtheorie beschäftigt sich mit der Erforschung und Beschreibung von spontanen, dynamischen Veränderungen von Mustern, ohne dass diese von außen gemacht werden (z.B. Wetterentwicklung; Entwicklung einer Hasenpopulation in wechselseitiger Abhängigkeit mit einer Fuchspopulation, etc.). Es zeigt sich, dass lebende Systeme sich selbst entwickeln, regulieren und organisieren. Jedes lebende System ist autonom bei gleichzeitiger Vernetzung und im Austausch mit der jeweiligen Umgebung.

Für die Psychotherapie bedeutet dies, dass unter dem Respekt vor der Autonomie jeder Person geeignete Rahmen- und Randbedingungen für Weiterentwicklung geschaffen werden müssen. Oder mit anderen Worten: die Selbstheilungskräfte aktiviert werden, was auch schon Paracelsus forderte, als er sagte: „Medicus curat, natura sanat“

Ein anderer Grundpfeiler der systemischen Therapie ist die Erkenntnistheorie des Konstruktivismus. Diese Erkenntnistheorie speist sich teilweise aus der Biologie der Sinnesorgane (Maturana, F. Varela), der Biologie (H.v. Foerster), der Quantenphysik (W. Heisenberg), aber auch aus Soziologie (N. Luhmann), Neurologie (G. Hüther, G. Roth)  und Psychologie (P. Watzlawick). Sie besagt, dass es für uns Menschen niemals möglich ist, die objektive Wahrheit über die Welt herauszufinden. Wir können ausschließlich Beschreibungen der Welt finden, die mehr oder weniger mit dem übereinstimmen, wie sich die Welt verhält (z.B. der Apfel fällt auf den Boden). Je höher die Übereinstimmung, desto nützlicher ist das Wissen. Tatsächlich können häufig aber verschiedene Beschreibungen mit einer Situation oder einem Gegenstand übereinstimmen. Dann stellt sich nicht die Frage, welche Beschreibung „richtig“ oder „falsch“ ist, sondern welche Sichtweise eher hilft, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Jede Beschreibung hat andere Auswirkungen. Beschreibungen können also gleich „gültig“ aber nicht gleich „hilfreich“ sein.

Auch hier gilt wieder: Jede Situation besteht aus 100.000 Details. Welche Details wir nehmen, um unsere Beschreibung darauf aufzubauen ist eine (häufig unbewusste) Wahl, die in der Regel von Vorerfahrungen, Vorlieben, aber auch von Ängsten und Wünschen (Wahrnehmungs- und Bewertungsautomatismen) gesteuert wird. Es wäre also genau genommen korrekter von „Wahr-gebung“, denn von „Wahr-nehmung“ zu sprechen.

„…unsere Gedanken stellen keine Bäume und Felsen dar, so wie ein gemaltes Bild nicht identisch ist mit der Landschaft, die es darstellt. Es ist immer geformt durch die Sichtweise und Handbewegungen des Malers, durch die Möglichkeiten der von ihm verwendeten Farben und wir können weder darin spazieren gehen, noch an den Blumen riechen…“ (unbekannter Autor).

 

In der Therapie geht es zum einen darum, die eigene Konstruktion der Welt besser zu verstehen und sie so zu verändern, dass mehr Möglichkeiten und Wege entstehen. Zum anderen geht es darum hilfreiche Realitäten zu finden, bzw. die eigene innere und äußere Welt so zu verändern, dass das eigene Leben lebenswerter wird.

„Handle so, daß Du die Anzahl der Möglichkeiten vergrößerst“ (H. v. Foerster)

 

Wir versuchen also unser Leben so gut wie möglich selbst zu organisieren und in die Hand zu nehmen. Das ist normal. Darüber hinaus merken wir aber auch früher oder später, dass wir von etwas anderem organisiert werden: von der Umwelt und den Notwendigkeiten, in die wir eingebunden sind.

Die Systemische Therapie geht davon aus, dass der Schlüssel zum Verständnis des Problems nicht alleine im Individuum liegt, sondern in dessen größeren Zusammenhang (Familie, berufliches Umfeld, Freundeskreis, Gesellschaft, etc.). Daraus ergibt sich das Interesse an Interaktions- und Wechselwirkungsprozessen mit dem Feld oder System, in das ein Mensch eingebunden ist.

Die Systemische Perspektive rückt die dynamischen Wechselwirkungsprozesse zwischen biologischen (Körper) und psychischen Systemen und den sozialen Bedingungen ins Zentrum der Betrachtung, um einen Menschen tiefer verstehen zu können. Psychologische Probleme werden als Störung in der Passung zwischen System und Umwelt gesehen bzw. als Ergebnis dysfunktionaler Beziehungs- und Interaktionsmuster in „relevanten Umwelten“.

Ziel ist auch hier im Einklang mit sich und seiner Umgebung und der gegenwärtigen Situation zu sein; Zu Handeln bzw. Nicht-zu-Handeln je nachdem, was die Situation gebietet. (Wu Wei nach A. Gerstner)

 

Innerhalb der Systemischen Therapie gibt es eine Vielzahl von Schulen mit zum Teil gegensätzlichen Vorgehensweisen. Wesentliche Wegbereiter und Vordenker der verschiedensten Schulen innerhalb der systemischen Therapie sind: Gregory Bateson, Heinz v. Foerster, Paul Watzlawick, Humberto Maturana, Niklas Luhmann, Steve de Shazer

Bekannte Vorgehensweisen aus der Systemischen Therapie sind die Aufstellung von Familien, Teams, Inneren Anteilen, das zirkuläre Fragen, die paradoxe Intervention, Reframing, etc.